Schuljahrgang 1943/44 in Winnenden

Geschichten:

Was gibt es schöneres, als sich bei Jahrgangstreffen alte Geschichten aus der Schulzeit zu erzählen? Nur schade, dass sie niemand aufschreibt. Das kann sich hier ändern. Wenn euch interessante Begebenheiten aus der Schulzeit einfallen, schreibt sie bitte auf und schickt sie zur Eingabe in unsere Homepage an Hans-Jörg Bahmüller.

Für unsere 60er-Feier hat Hans-Jürgen Zerweck einige Geschichten aufgeschrieben. Hier eine Kostprobe:

Es war wohl in der 3. Klasse des Progymnasiums (das entspricht heute Klasse 7), als zu Beginn einer Schulstunde kein Lehrer erschien; vielleicht fehlte er wegen Krankheit? Normalerweise kam in solchen Fällen am Anfang der Schulstunde ein anderer Lehrer, versorgte uns mit Aufgaben und versprach, in der Stunde öfters nach uns zu schauen, währenddessen er seinen Unterricht in einer anderen Klasse hielt. Doch diesmal tauchte niemand auf und wir dachten, man habe uns vergessen. Schnell herrschte bei einer großen Anzahl von Schülern Einigkeit darüber, diese seltene Chance zu einer kleinen Extratour zu nutzen.
Schon seit einiger Zeit trafen sich nach dem Unterricht oder nachmittags Schüler und Schülerinnen aus unserer Klasse an der Schlosskirche, um miteinander Spiele im Freien zu machen - ich war meistens mit von der Partie. Unser Favorit war dabei das Spiel ''Bannemann'', bei dem drei kurze Zweiglein (uf Schwäbisch sagt mr dazu ''Steggala'') so aufgestellt wurden, dass es die Form einer Pyramide ergab. Alle Mitspieler versteckten sich schnell, solange der, der ''dran'' war, bei ''seine Steggala'' stehend, mit geschlossenen Augen auf 20 zählte. Anschließend suchte er und bannte die Entdeckten mit Namen bei ''seiner Pyramide''. Gelang es jedoch einem bisher noch nicht Gebannten, die ''Steggala'' umzustoßen, so waren alle wieder frei und das Spiel begann von vorne. Alles verstanden?
Der Platz rund um die Schlosskirche war also unser Ziel, dort wollten wir die ''geschenkte Schulstunde'' sinnvoll für die Klassengemeinschaft nutzen und zusammen ''Bannemann'' spielen. Nach und nach verduftete die gesamte Klasse ganz leise aus dem Schulhaus und machte sich in kleinen Grüppchen auf den Weg die Schlossstraße hinunter. Sogar die Angsthasen der Klasse konnten zu unserer Aktion überredet werden und alle trafen kurze Zeit später zum gemeinsamen Spielen an der Schlosskirche wieder zusammen. Viel zu schnell war unsere Schul- und damit auch unsere Spielstunde zu Ende und eiligst rannten wir zur Schule zurück. Dort warteten allerdings bereits mehrere Lehrer auf uns und es gab einen ordentlichen Rüffel. Wahrscheinlich wurde die ganze Klasse zum Nachsitzen verdonnert und musste auch noch Strafarbeiten abliefern. An die Strafen kann ich mich kaum mehr erinnern, aber unsere ''Spielstunde'' hat sich in mein Gedächtnis eingeprägt und festigte gleichzeitig die Klassengemeinschaft.

Von unserer Konfirmation am 16. März 1958 berichtet Hans-Jürgen folgendes:

So weit ich mich noch erinnern kann, war das Wetter an diesem Konfirmationssonntag recht schön, nur etwas kalt, aber durchaus passend zur Jahreszeit. Wir Konfirmanden und Konfirmandinnen, etwa 30 an der Zahl, trafen uns im Jugendhaus und marschierten anschließend in unseren neuen Konfirmandenanzügen und -kleidern, angeführt von Pfarrer Werner Schuler, durch die obere Marktstraße zur Stadtkirche.
In seiner Predigt, deren Text uns ausgehändigt wurde, legte Pfarrer Schuler das Gleichnis vom Schatz im Acker aus (Matthäus 13, Vers 44) und machte uns Konfirmanden klar, dass es sich lohne, alles einzusetzen, um an diesen Schatz (Jesus Christus und das Himmelreich) zu gelangen. Er erläuterte uns das Gleichnis und übertrug es in die gegenwärtige Zeit. Bei der anschließenden Einsegnung erhielt ich meinen Denkspruch, der in Jesaja 49 in den Versen 15 und 16 steht:
"So spricht der Herr: Ich will dein nicht vergessen; siehe, in die Hände habe Ich dich gezeichnet."
Wenn ich meinen bisherigen Lebensweg Revue passieren lasse, so stelle ich erfreut fest, dass Gott seine Zusage wahr gemacht und mich bzw. uns niemals vergessen hat. Allerdings drängte sich gelegentlich der Eindruck auf, Gott habe uns ein paar Mal aus den Augen verloren, uns dabei aber nie links liegen lassen.
Schon Wochen vor der Konfirmation herrschte in der Familie Zerweck eine gewisse Aufgeregtheit, in erster Linie von meiner umtriebigen Mutter ausgehend. Das war ja auch verständlich, lag doch die Hauptlast der Vorbereitungen auf ihren Schultern, zudem war sie schwanger. Meine Schwester Susanne erblickte rund drei Monate nach meiner Konfirmation das Licht dieser Welt. Für den Nachmittagskaffee, der in unserer guten Stube und im Esszimmer stattfand, wurde extra ein Kaffeeservice in modernem Design angeschafft. Da die Sonne schien, konnten wir vor und nach dem Kaffeetrinken den herrlichen Frühlingstag im Garten genießen und einige Fotos machen.
Nicht zu verachten: Konfirmationsgeschenke!
Natürlich gehörten Geschenke damals wie heute zu einer Konfirmation; da hat sich inzwischen kaum was geändert. Was allerdings anders ist, das sind die hohen Geldbeträge, die heutzutage "eingefahren" werden. Von meiner Patentante bekam ich das Gesangbuch, von der anderen Patin, die in Basel lebte, gab's eine wertvolle Schweizer Uhr – das war schon was Besonderes! Vom Patenonkel bekam ich eine große, mollig warme Decke. Durch die Bekanntheit unseres Lebensmittelgeschäfts in Winnenden erhielt ich eine Menge Konfirmationsgeschenke, viele waren jedoch recht bescheiden. Einiges konnte man auch eher zur Aussteuer zählen, was bei mir naturgemäß nicht gerade Begeisterungsstürme auslöste, so bei Waschlappen, Taschen-, Hand- oder Badetüchern. An den vielen Buchgeschenken hatte ich dagegen meine helle Freude, denn ich war eine rechte "Leseratte". Ein paar originelle und ungemein praktische Geschenke begeisterten mich umso mehr, wie beispielsweise ein zusammenklappbares Essbesteck in einem Lederetui für unterwegs oder eine kleine Leselampe zum Befestigen am Buch, sodass ich abends heimlich unter der Bettdecke weiterlesen konnte. Die Moneten, die zusammenkamen, reichten mit ca. 180 Mark nicht ganz, um mir meinen sehnlichsten Wunsch, ein neues Fahrrad mit drei Gängen, erfüllen zu können. Dazu musste ich mein Sparbuch noch um 60 Mark erleichtern.
Vorbereitung auf die Konfirmation
Doch die Geschenke sind bei der Konfirmation ja nicht das Wichtigste, obwohl das viele Jugendliche in diesem Alter so sehen. Bei der Konfirmation sollte doch die end- und vollgültige Aufnahme in die christliche Gemeinschaft im Vordergrund stehen. Wir wurden sehr intensiv auf die Konfirmation vorbereitet. Zunächst hatten wir ein Jahr lang wöchentlich den so genannten Zuhörerunterricht, woran sich im Jahr vor der Konfirmation der Konfirmandenunterricht anschloss. Dieser fand an zwei Nachmittagen in der Woche statt, aber schön getrennt nach Weiblein und Männlein! Trotzdem hatte Pfarrer Schuler seine liebe Not mit uns, denn wir waren recht zahlreich. Von Woche zu Woche mussten Liedstrophen, Bibelverse und Teile des Katechismus' auswendig gelernt werden und wehe, wenn man seine Sprüche nicht ohne zu stottern aufsagen konnte! Doch war mir das damals Gelernte in vielen Situationen meines späteren Lebens überaus hilfreich. Außerdem wurde uns eine Menge Wissen über das Christentum und dessen Glaubensgrundsätze vermittelt. Doch mit dem Zuhörer- und Konfirmandenunterricht war es noch nicht getan! Selbstverständlich war es Pflicht eines jeden angehenden Konfirmanden, den sonntäglichen Gottesdienst regelmäßig zu besuchen. Zudem hatten wir am Progymnasium wöchentlich noch zwei Stunden Religion. Am Montagvormittag wurde die erste Schulstunde für den Schülergottesdienst frei gehalten, wobei ich gestehen muss, dass ich diesen Gottesdienst manchmal schwänzte, weil ich den sonntäglichen Kirchgang für ausreichend hielt. Es war letzten Endes so, dass ich mich an jedem Tag der Woche in irgendeiner Veranstaltung oder auf andere Weise mit dem Wort Gottes und der christlichen Lehre befasste: Am Sonntag im Gottesdienst, montags war Schülergottesdienst, dienstags Religionsunterricht, am Mittwoch hatten wir Konfirmandenunterricht, donnerstags wieder Religion in der Schule und Jugendkantorei, freitags nochmal "Konfes", wie wir den Konfirmandenunterricht nannten, und schließlich am Samstagnachmittag Jungschar, die jeweils mit einer Andacht beendet wurde. Manchmal stand auch eine Bibelarbeit auf dem Programm des Jungscharnachmittags. Hinzu kamen noch Besuche verschiedener Veranstaltungen der Kirchengemeinde, der Jugendkantorei oder des CVJM und natürlich die Freizeiten an Ostern und Pfingsten und, als Höhepunkt, das alljährliche Sommerlager.
Aus heutiger Sicht, so meine ich, war das ein bisschen viel des Guten, denn leicht hätte das auch ins Gegenteil umschlagen können, und das trotz aller guten Absicht!

Auch Helmut Luckert schrieb in seinen Lebenserinnerungen - "Spuren" genannt - einiges über unsere Schulzeit. Hier eine Kostprobe daraus:

Nun also war ich Schulkind. Auf meinen Schulranzen musste ich besonders achten. Er war nämlich aus einer Art Pappe und sollte möglichst nicht nass werden. Die erste Klasse verbrachten wir aus Raumnot im ehemaligen Luftschutzkeller der Albert-Zeller-Schule. Ich kann mich noch gut an unsre Lehrerin Fräulein Rall erinnern. Sie mochte uns und wir mochten sie – viel mehr als ihren Vater, Herrn Rall, der seine Tochter immer wieder zu vertreten hatte. Weshalb, wussten wir allerdings nicht. An das zweite Schuljahr erinnere ich mich deshalb, weil es nur ein halbes Jahr dauerte. Damals wurde der Schuljahres-beginn von Herbst auf Frühjahr umgestellt (später dann wieder anders herum). Ab der dritten Klasse zogen wir in die neu erbaute Stöckachschule um. Nach der vierten Klasse – heute Grundschule – durfte ich in die Oberschule, später Progymnasium genannt. Ein Privileg, um das mich manche beneideten. Hauptgrund war wohl, dass Hans-Jörg auf die Oberschule sollte und unsre Mütter meinten, man sollte uns beide doch beieinander lassen. In Erinnerung geblieben ist mir unsre Klassenlehrerin Frau Weißenborn. Sie kam von irgendwoher aus dem Osten und hatte eine dunkle rauchige Stimme. Tatsächlich war sie starke Raucherin, was sich aus Sicht vieler anständiger Menschen damals – auch unsrer Mutter – gar nicht gehörte. Ab der 3. Klasse (heute 7. Schuljahr) hatten wir bei Frau Weißenborn nach Englisch- auch Französisch-Unterricht. Der gefiel mir besonders gut. Und Frau Weißenborn meinte, ich hätte eine besondere Begabung dazu. Sie war fast böse, als ich nach der 4. Klasse dann das Winnender Progymnasium verließ. Gerne erinnere ich mich auch an meine Musiklehrerin Annigretl Müller. Sie meinte, ich könne schön singen und verhalf mir zu Solo-Auftritten bei Singspielen, die wir gelegentlich aufführten. Da sie auch Kantorin der Kirchengemeinde war, durfte ich auch im Kinderchor mitsingen.


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